Nachdem wegen des Steinbruches viele Aussagen kursieren und wir selbst überrumpelt waren, haben wir nochmal mit einem fachkundigen Probennehmer und Gutachter gesprochen. Als Diplom-Geologe kennt sich Klaus Floer bestens mit der Thematik der Grubenverfüllung und Erdaushub aus.
Hallo Klaus, erstmal vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst. In der Zeitung war ja von einer „Sondermülldeponie“ die Rede, worin besteht der Unterschied zwischen der Verfüllung einer Grube und einer Deponie?
Die Verfüllung einer Grube dient vor allem der Rekultivierung, also der Wiedernutzbarmachung für Land- und Forstwirtschaft und dieses Gebiet der Natur zu überlassen. Außerdem erfüllt sie eine Funktion im Grundwasserschutz, denn sonst könnte Oberflächenwasser Schadstoffe, z.B. Düngemittel aus der Landwirtschaft ins Grundwasser schwemmen, weil die filternde Bodenschicht zu dünn ist und die Grube der tiefste Punkt der Umgebung wäre. Eine Deponie dagegen dient der Entsorgung von Abfällen, da darf grundsätzlich nichts ins Grundwasser gelangen.
Warum die Notwendigkeit einen Steinbruch auf Z 1.2 aufzuwerten?
Der Steinbruch hat derzeit nur die Genehmigung mit Z 0 Bauaushub aufzufüllen. In unserer Region enthält der Boden natürlicherweise Material das als Z 1.1 oder Z 1.2 – z.T. auch als Z 2 – eingestuft wird. Der Vorteil einer Aufwertung ist, dass Material nicht so weit gefahren werden muss, denn einen Bruch oder Grube die derartiges Material annehmen darf gibt es in der Umgebung schlicht nicht.
Woher rührt die Einstufung des Bauaushubs von West III Material als Z1.1 oder Z1.2?
Die Lehme, die sich dort während der Eiszeit abgelagert haben, überschreiten natürlicherweise einige Grenzwerte. Bauaushub ist feines Material aus Baugruben, also Ton, Lehm oder Sand. Gerade feinkörnige Substanzen neigen durch ihre große Oberfläche dazu, Schadstoffe zu binden. Etwaige eingebrachte Belastungen – menschengemachte oder natürliche – lagern sich an dieses feinkörniges Material wie Ton, Lehm oder Sand an. Der Kalkstein des Jura ist, mit Ausnahmen, dagegen quasi frei von Belastungen. Andernorts ist das nicht so, so überschreiten die Gesteine im Fichtelgebirge – die Diabase – ebenfalls natürlicherweise den Grenzwert z.B. bei Arsen.
Wozu dienen die Grenzwerte für die Verfüllung von Deponien?
Die Grenzwerte bei der Grubenverfüllung sind vom Bundesland festgelegt. Bayern gehört da eher zu den strikten Bundesländern. Die Grenzwerte dienen dazu festzusetzen, ob zusätzliche Maßnahmen notwendig sind, um zu verhindern, dass diese angelagerten Stoffe in zu großer Menge ausgewaschen werden und ins Grundwasser sickern.
Was ist eine Sorptionsschicht?
Eine Sorptionsschicht dient dazu den Eintrag von Verbindungen aus dem Oberflächenwasser ins Grundwasser zu puffern.
Diese besteht meist aus einem Ton– Lehm-Gemisch das Wasser nur langsam durchsickern lässt. Beispiele wären die Tonschichten des Jura. Letztere bilden meist die Quellhorizonte, das kann man in Gräfenberg gut sehen, wo alle Quellen entlang bestimmter Höhenlinien entspringen. Der über diesen natürlichen Sorptionsschichten – den Grundwasserstauern – liegende Kalkstein ist sehr durchlässig und filtert Einträge im Gegensatz zum Ton kaum aus. Bei hohen Niederschlagsmengen sickert das Wasser nicht durch die Sorptionsschicht, sondern fließt über die Quellen ab. Ein Beispiel für so eine mit Oberflächenwasser gespeiste Quelle ist die Feenquelle am Teufelstischweg, die nur nach Niederschlägen größere Wassermengen führt.
Wie unterscheidet sie sich eine Sorptionsschicht von einer Dichtschicht bei Deponien?
Eine künstlich hergestellte Sorptionsschicht ist eine Pufferschicht. Eine künstlich hergestellt Dichtschicht ist meistens ein technisches Bauwerk, dass aus mehreren Schichten besteht (Unterbau, Dichtungsschichten, Entwässerungsschicht).
Was ist dran an der Behauptung die Sorptionsschicht „könne durch die Sprengungen beschädigt werden“?
Da die Schicht aus einem Lehm-Ton-Gemisch besteht, kann diese bei Sprengungen nicht beschädigt werden. Denn feuchter Ton reißt nicht durch Erschütterungen auf. Allerdings könnte Bauschutt, der direkt darauf gekippt wird diese durch sein hohes Gewicht beschädigen. Darum darf direkt auf die Sorptionsschicht nur Bodenaushub aufgebracht werden. Wenn natürliche Sorptionsschichten bzw. wasserstauende Schichten in der Umgebung von Steinbrüchen durch Sprengungen beschädigt würden, dürfte es quasi keine intakten Quellen mehr in der Umgebung von Steinbrüchen geben.
Du sprachst von Transportkosten und kurzen Wegen, ist denn zu befürchten, dass der LKW-Verkehr in Gräfenberg zunimmt?
Eine großartige Zunahme ist nicht zu befürchten, denn die LKWs die vorher Material aus dem Steinbruch (z.B. Schotter) geliefert haben, nehmen auf dem Rückweg Material zur Verfüllung mit in den Steinbruch. Das vermeidet Lehrfahrten, somit auch unnötige CO2-Emmisionen.
Welcher Bauschutt darf in eine Grube oder einen Steinbruch eingebracht werden?
Nur Bauschutt der aus unbedenklichen Bodenmaterialien stammt. Also z.B. Mauerwerk das aus mineralischen Bestandteilen besteht. Alle diese Materialien dürfen nur sortenrein eingebracht werden. Wenn Fremdkörper enthalten sind, wird das Material meistens rigoros abgelehnt.
Was hat es eigentlich mit Gleisschotter auf sich?
Gleisschotter ist grobkörniger Schotter aus Hartgesteinen wie z.B. Diabas (Basalt). Der hiesige Kalkstein kommt für diesen Zweck gar nicht infrage, denn durch die Erschütterungen der Züge würde er zu schnell zerbröseln. Bahngleise werden mit Herbiziden unkrautfrei gehalten, diese lagern sich am Gleisschotter an. Nach einigen Jahrzehnten muss der Gleisschotter gewechselt werden, dann muss er anderweitig verwertet werden. Eventuelle Belastungen mit Chemikalien werden in Gleisschotterreinigungsanlagen entfernt so weit dies wirtschaftlich ist. Was Gleisschotter angeht, ist auch der Gesetzgeber nochmal strikter als bei anderen Materialien.
Was ist von einer Aufwertung für die Einlagerung von Z2 Material zu halten?
Der Steinbruch darf nach den eingereichten Antragsunterlagen nur maximal z 1.2 Material annehmen.
Wird der Steinbruch nun mit ein Drittel Gleisschotter und Bauschutt befüllt werden?
Das ist unwahrscheinlich, denn das Kreislaufwirtschaftsgesetz schreibt vor Materialien nach Möglichkeit wiederzuverwerten. Zwar ist die Verfüllung einer Grube auch eine solche „Wiederverwertung“ aber alter Gleisschotter und z.B. Beton und sortenreiner mineralischer Bauschutt eignen sich auch sehr gut z.B. für den Unterbau von Bauwerken und im Parkplatzbau. Diese Materialien wären schlicht zu schade sie in einer Grube zu vergraben und auch noch Geld dafür zu bezahlen. Außerdem müsste ein entsprechendes Angebot an solchen Materialien in der Region vorhanden sein. So viel Bauschutt fällt hier gar nicht an. Gleisschotter erst recht nicht. Außerdem ist es extrem aufwändig Gleisschotter auf Schadstoffe zu untersuchen.
Wieso stehen dann der Gleisschotter und der Bauschutt nun überhaupt in den Antrag des Steinbruches?
Eine Aufwertung bei Gruben oder Brüchen wird nach den entsprechenden gesetzlichen Richtlinien genehmigt. Das heißt bei der Beantragung der Kategorie übernimmt der zuständige Beamte den Wortlaut aus den Richtlinien einfach in den Antragstext.
Wie wird nun überprüft, ob das eingelagerte Material alle Grenzwerte einhält?
Vor der Einlagerung muss das Material nach vorgeschriebenen Richtlinien und DIN-Normen beprobt werden. Dabei wird sichergestellt, dass die Probe möglichst gut die Zusammensetzung des gesamten Materials widerspiegelt. Aus einer festen Zahl einzelner Proben werden Mischproben und Laborproben hergestellt, diese gehen dann ans Labor. Werden bestimmte Unregelmäßigkeiten bei der Probenahme im Material gefunden, dann müssen diese „Hot-Spots“ zusätzlich beprobt werden. Wird dieses Material dann angeliefert, prüft der Betreiber der Grube oder des Steinbruchs dieses auch noch einmal. Findet er Anhaltspunkte, dass die Beschreibung des Materials nicht mit dem angelieferten Material übereinstimmt, muss er eine erneute Probe nehmen. Je größer die angelieferte Materialmenge ist, desto mehr Proben müssen auch zur Kontrolle genommen werden.
Wie läuft eine solche Laborprobe ab?
Durch einen speziellen Prozess werden Auswaschungen aus Gesteinsproben (zum Beispiel von Schotter) simuliert. Dazu rotiert die Gesteinsprobe und Bodenprobe 24 Stunden lang im Wasser. Das Wasser mit den aufgenommenen Stoffen aus der Probe nennt sich Eluat. Dieses wird dann wie eine Wasserprobe auf Schadstoffe wie Schwermetalle untersucht.
Wenn das Material mal verfüllt ist, wie wird überprüft, dass nicht doch Schadstoffe ins Grundwasser gelangen?
Rund um eine verfüllte Grube muss das Grundwasser überprüft werden. Dazu werden Bohrungen gesetzt und mindestens alle halbe Jahr werden dort Wasserproben entnommen. Außerdem wird überprüft an welchen Bohrungen das Wasser zufließt und an welchen abfließt. Damit kann man dann auch feststellen ob Überschreitungen von Grenzwerten aus der Grube kommen oder andere Ursachen haben. Natürlich wird auch bei der Entnahme dieser Proben sauber und gewissenhaft gearbeitet, das heißt Vergleichsproben entnommen und unter Umständen doppelt beprobt. Schließlich kann man auch mal bei der Probenentnahme einen Fehler machen und die Probe versehentlich verfälschen, auch das soll ausgeschlossen werden.
Wenn auffällt, dass etwas falsch eingelagert wird, was passiert dann?
Der Betreiber und der Gutachter sind dafür haftbar, wenn Material falsch eingelagert wird. Besteht der Verdacht, dass falsch eingelagertes Material in der Grube bzw. dem Steinbruch vorhanden ist, muss es wiedergefunden und ausgebaggert werden. Fachgerecht entsorgt muss es dann auch noch werden. Die Kosten tragen dann Betreiber und/oder Gutachter, je nachdem wer den Fehler gemacht hat.
Du kannst also abschließend sagen, dass da sauber und gewissenhaft gearbeitet werden muss?
Absolut. Der Gesetzgeber hat bei der Verfüllung von Gruben für jeden möglichen Fall vorgesorgt und wenn etwas schiefgeht, dann fällt das auch auf.
Vielen Dank Klaus für deine Zeit und für die Einführung in dieses für Laien doch schwer zu durchschauende Thema.