Bilanz der letzten fünf Jahre
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, Herr Steinlein, Frau Kutscher, liebe Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat, liebe Zuhörinnen und Zuhörer, sehr geehrter Herr Wuttke,
Ein Rückblick auf das Jahr 2020: Der Schuldenstand war niedrig, der finanzielle Spielraum groß. Drei große Zukunftsprojekte standen auf der Agenda – Freibad und Hallenbad waren seit 20 Jahren Teil jedes Flyers jeder Gruppierung zur Kommunalwahl. Das dritte, ein kommunales Nahwärmenetz, sollte Antworten auf die Wärmeversorgung der städtischen Liegenschaften geben und ein Zeichen für die Energiewende vor Ort setzen.
Fünf Jahre später fällt die Bilanz ernüchternd aus: Das Hallenbad wurde gleich zweimal geplant – aus unserer Sicht unnötigerweise. Nun wäre der Bau abgeschlossen – nun verzögert auch noch eine unvorhersehbare Panne die Eröffnung. Fünf Monate nach der angekündigten Eröffnung warten wir darauf, dass das Bad endlich in Betrieb geht. Auf die erste Bahn freuen wir uns! Beim Freibad steht der Baubeginn kurz bevor – immerhin. Nach fünf Jahren ständiger Infragestellung eines Mehrheitsbeschlusses war auch das nicht selbstverständlich.
Das Nahwärmenetz? Auf halber Strecke zu unseren kommunalen Liegenschaften ist das Projekt zum Erliegen gekommen. In der Verwaltung heizt eine museumsreife Ölheizung. Im historischen Rathaus teils stromintensive und damit teure Elektroheizkörper.
Ist denn sonst etwas geschehen? In Walkersbrunn wurden Projekte umgesetzt, die Erschließungsstraße und das Kirschenhäuschen. Aus der Dorfgemeinschaft heraus, nicht aus dem Rathaus. Bei der Dorferneuerung laufen erste Maßnahmen an, dank dem Engagement des Gremiums vor Ort. Auf dem Michelsberg entstanden Parkplätze mit Mitteln aus der Städtebauförderung, während das denkmalgeschützte Scheunenviertel weiter dem Verfall entgegenschaut. Der neue Flächennutzungsplan ist absehbar in Kraft, doch es bleibt der bittere Beigeschmack, dass da persönliche Interessen im Spiel waren.
Einschätzung zum Haushalt 2025
Auf den ersten Blick zeigt der Haushalt 2025 ein positives Bild: über fünf Millionen Euro Investitionen, geringe Neuverschuldung. Das ist grundsätzlich erfreulich, aber wie schon erwähnt ist diese Lage eine Momentaufnahme – nicht die Regel. Immerhin zeichnet sich ab, dass die deutsche Wirtschaft nächstes Jahr über den Berg sein wird. Erstmalig wird unser Haushalt auch durch 160.000 € aus der Kommunalabgabe von Solarparks entlastet. Das zeigt, dass die Energiewende nicht nur Klima und Umwelt zugutekommt, sondern auch unserer Gemeinde!
Ein großer Teil der Investitionen entfällt auf den Breitbandausbau – ein wichtiges Projekt. Das allerdings maßgeblich durch den Bund angestoßen wurde und auch zu 90 % vom Bund bezahlt wird.
Beim Freibad werden fast eine Million Euro investiert – und trotzdem wird es nun zwei Sommer in Folge geschlossen bleiben. Das ist bitter. Mit mehr und frühzeitigerem Engagement in den letzten Jahren hätte der Ausfall einer Saison verhindert werden können.
Die Abwassermaßnahmen belasten den Haushalt massiv. Doch es fehlt eine durchdachte, langfristige Infrastrukturstrategie. Die Aufgaben sind bekannt: Kanalnetz, Straßen, öffentliche Gebäude. Sie zu modernisieren wird zur zentralen Herausforderung der kommenden Jahre.
Neue Baugebiete allein lösen diese Probleme nicht und betten uns finanziell nicht auf Rosen. Im Gegenteil: Sie treiben kurzfristig den Bedarf an Kita-Plätzen und Schulräumen in die Höhe – mit entsprechend hohen Folgekosten für die Stadt. Das haben wir zuletzt gesehen, zum Beispiel beim „Haus der kleinen Hände“. Die Entscheidung, mit dem Michelsberg ein „Groß-Gräfenberg“ zu planen, sollte daher sehr sorgfältig abgewogen und nur schrittweise umgesetzt werden. Nicht nur bei der Infrastruktur, auch bei der Kinderbetreuung fehlt eine langfristige Strategie. Spitzen mit Containereinrichtungen abzufangen ist grundsätzlich sinnvoll. Aber bei der Kinderbetreuung komplett auf Sicht zu fahren, bringt uns nicht weiter, es belastet unseren Haushalt deutlich mehr als eine durchdachte, dauerhafte Lösung.
Wachstum an den Ortsrändern darf nicht dazu führen, dass der Stadtkern vernachlässigt wird. Denn am Ende zahlen wir doppelt: für neue Infrastruktur im Außenbereich und für den Erhalt vernachlässigter Strukturen im Ortskern. Eine Drogerie auf der grünen Wiese ist bequem. Echtes Leben in der Altstadt ist unbezahlbar. Städtebau darf nicht nur dem Auto gefallen. Städtebau muss den Menschen dienen.
Perspektive und Anspruch
Ein Bürgermeisteramt kann fordernd und herausfordernd sein – vorausgesetzt, man will wirklich etwas für seine Gemeinde bewegen. Es gibt unterschiedliche Führungsstile: Die einen arbeiten strategisch, vorausschauend und sachorientiert. Andere setzen vor allem auf Präsenz bei Festen und auf Social Media. Auch diese Form von Bürgernähe hat ihre Berechtigung, solange die Arbeit im Rathaus nicht auf der Strecke bleibt.
Gute Bürgermeister zeichnen sich vor allem durch Transparenz, Offenheit und die Bereitschaft aus, auch unangenehme Fragen ehrlich zu beantworten. Informationen sollte ein guter Bürgermeister seinem Stadtrat und seinen Bürgern nicht vorenthalten, denn rechtzeitige Bekanntgabe von Informationen kann so manchen Konflikt ersparen.
Herr Kunzmann, gerne möchten wir Sie beim Wort nehmen: ‚Unter Demokraten sollte diskutiert und unterschiedliche Meinungen akzeptiert werden.‘ Genau das erwarten wir von Ihnen – fördern Sie aktiv ein Miteinander im Stadtrat. Zu diesem Stadtrat gehören auch Sie, Herr Kunzmann! Was der Stadtrat entschieden hat, das haben auch sie mitentschieden, tragen Sie das mit – gerade in der Öffentlichkeit und auf der Bürgerversammlung!
Gräfenberg braucht jemanden, der Verantwortung übernimmt, wenn es ungemütlich wird. Der nicht nur verwaltet, sondern gestaltet. Der Ideen entwickelt – und sie auch umsetzt. Jemand der klare Prioritäten setzt und der dabei das Gemeinwohl über persönliche Interessen stellt.
Dank
Zum Schluss ein ehrliches Dankeschön:
An alle Ehrenamtlichen, die im letzten Jahr in der Not den Betrieb des Freibads aufrechterhalten haben – für Gottes Lohn. Sie haben der Stadt nicht nur viel Geld gespart, sondern auch gezeigt, was bürgerschaftliches Engagement leisten kann.
Danke auch an alle, die sich, oft still und ohne große Bühne, seit Jahren für ihre Stadt einsetzen. Egal ob in der Feuerwehr, Vereinen und allen weiteren Ehrenämtern. Ihr seid es, die Gräfenberg am Laufen halten.
Danke an unseren Kämmerer für die Erarbeitung des Haushaltes, allen engagierten Mitarbeitenden der Verwaltung, die aktuell so manche Lücke stopfen müssen, sowie allen weiteren kommunalen Angestellten.
Die Fraktion der SPD stimmt dem Haushalt zu!