Lange hat es gedauert, nun wurde der Haushalt verabschiedet. Die Nuancen der Haushaltsreden waren zwar durchaus verschieden, doch waren zwei wesentliche Richtungen zu hören. „Wir müssen sparen“, sagten die einen. „Wir müssen wichtige Investitionen für die zukünftige Entwicklung unserer Gemeinde tätigen“ die anderen. Zu letzteren gehörten wir.
Im Kanal ist was faul
Doch zuallererst kam mit den Abwassergebühren nochmal ein leidiges Thema auf den Tisch. Wie inzwischen allgemein bekannt ist, fiel im Jahr 2019 dem Kämmerer auf, dass die Neuberechnung der Abwassergebühren nicht erfolgt war, während die Kosten im Abwasserzweckverband Obere Schwabach stark gestiegen waren. Soweit so gut, sowohl unser damaliger Bürgermeister Nekolla als auch Kämmerer Steinlein – in dessen Verantwortungsbereich diese lagen – nahmen die Schuld auf sich und versuchten eine saubere Lösung zu finden. Da die Gemeinde Gräfenberg eine Sonderrücklage gebildet hatte, hätte die Verrechnung mit eben dieser den Schaden ohne größere Mehrkosten abgefedert. Allerdings beharrten Freie Wähler und CSU damals auf genauester Prüfung und so wurde die Lösung an den kommunalen Prüfungsverband weitergegeben. Seit einem halben Jahr wartet die Stadt nun auf Rückmeldung. Damit war das Thema eingeschlafen. Zum Ärger auch von Werner Wolf der für den Prüfungsverband „Null Verständnis“ äußerte.
Nun mussten die Gebühren für die Periode 2020 bis 2024 beschlossen werden, obwohl die Problematik der alten Periode noch immer ungelöst ist. Kämmerer Steinlein führte unter anderem auf, dass Investitionen wie in eine Befahrung und Kartierung des Kanals – exklusive Walkersbrunn und Kasberg – anstehen. Daraus entstehen für 40 km Kanal Kosten von etwa 400.000€. Dies floss in die Gebühren entsprechend mit ein. Da vorgesehen war, die aufgelaufenen Verluste der letzten Jahre mit der Sonderrücklage des Satzungsgebietes Gräfenberg zu verrechnen, stand diese zur Verrechnung mit der aktuellen Gebühr eigentlich nicht zur Verfügung. Dennoch stellte Kämmerer Steinlein zwei Varianten für die Abwassergebühr vor. Eine mit Verrechnung mit eingeschlossener Sonderrücklage, Kostenpunkt 2,85€ pro Kubikmeter, und eine ohne Verrechnung mit Sonderzulage und Kosten von 3,28€ pro Kubikmeter. Bei der einzigen Variante für das Satzungsgebiet Thuisbrunn lag die Berechnung des Kämmerers bei 2,79€ pro Kubikmeter.
Relativ schnell herrschte Einigkeit, dass die Sonderzulage nicht verrechnet würde. Heiko Kracker stieß nun die Diskussion an, ob man die Gebühren nicht gleich auf 3,30€ aufrunden könnte, denn im Abwasserverband Obere Schwabach stünden große Investitionen an und ein Puffer um die weiteren Kosten zu decken würde kommende Preisschocks abmildern. Dem schlossen sich auch Elisabeth Meinhardt und Matthias Striebich an, ebenfalls damit nicht noch mal ein Beitragsschock käme. Das wurde nach einiger Diskussion jedoch von CSU und FW abgelehnt, angeführt wurde dabei unter anderem dass die Überschüsse bei 2ct Erhöhung zu klein für eine echte Erleichterung wären, und am Ende einigte man sich auf 3,28€ für das Satzungsgebiet Gräfenberg und 2,87€ für das Satzungsgebiet Thuisbrunn.
Die Haushaltsreden
Nun stand mit dem Haushalt der Höhepunkt des Jahres im Stadtrat an. Reichlich spät im Jahr, denn der Kämmerer Ernst Steinlein war am Jahresanfang lange krankgeschrieben. In den letzten Jahren viel investiert, z. B. in das Verwaltungsgebäude, das nicht mehr zum Fenster raus beheizt wird, den Kindergarten oder Ortsteile wie Höfles. Neue touristische Potenziale wurden gehoben, wie der Wanderweg „Sagenhaftes Gräfenberg“ und auch im Gewerbepark Hüll herrschte Bewegung. Dabei haben wir den niedrigsten Schuldenstand seit 20 Jahren. Nun änderten sich – bedingt durch Corona und die Konjunktur – die Vorzeichen und der Stadtrat stand am Scheideweg. Will man wichtige Zukunftsinvestitionen anpacken, die Stadt aufwerten, und nimmt Schulden in Kauf? Genannt sei da das Nahwärmenetz, mit dem man den Grundstein für Investitionen in die Altstadt legen könnte, damit wir Kanal, Straßen etc. dort nicht umsonst unterhalten müssen und uns die Investition in Neubaugebiete sparen können? Oder legen wir den Fokus wieder ausschließlich auf unsere Pflichtausgaben und hoffen darauf, dass wir irgendwie mehr Geld reinholen können? Im Wesentlichen formuliert, die Entscheidung, ob man Haushaltspolitik nach John Maynard Keynes oder nach Milton Friedmann machen wollte. Die Antworten und Positionen der Fraktionen dazu gab es in den Haushaltsreden.
Sparen für einen soliden Haushalt
Den Redereigen eröffnete Bürgermeister Kunzmann persönlich. Er betonte einen soliden Haushalt übernommen zu haben, aber Corona träfe Gräfenberg unerwartet und hart. Gerade die Projekte Nahwärmenetz, Hallenbad und Nahwärmenetz seien große Brocken, mit einer Eigenfinanzierung – nach derzeitigen Schätzungen – im Millionenbereich, vor allem durch die Kostensteigerungen beim Hallenbad. Zusätzlich seien im Haushalt noch weitere Ausgaben an, eine Stichstraße im Gewerbegebiet, Erschließung von Neubaugebieten und die Arbeiten bei der Sanierung des Verwaltungsgebäudes. Jederzeit könnten weitere Kosten dazukommen und die Fördermittel flössen nicht mehr so üppig. Zusätzlich käme die Coronakrise als weiterer Faktor der Unsicherheit hinzu. Daher dürften wir nicht über unsere Verhältnisse leben, so der neugewählte Bürgermeister, der sich damit endgültig von seinen umfangreichen Wahlversprechen abrückte.
Als erster Fraktionssprecher hielt nun Lars Laufer die Rede der CSU. Er leitete mit einem Beispiel aus einem Privathaushalt ein. „Ich will, ich will ist kontraproduktiv“, denn was man brauche hänge immer von den eigenen Bedürfnissen ab. Die Anschaffung von Luxusgütern verursache Folgekosten, die man tragen müsse und komme man dann nach einigem Nachdenken dazu, dass man die Anschaffung doch nicht brauche. Viele „anfangs notwendige Güter“ würden also schnell zu „Nice-To-Have“ Gütern. Er forderte die Projekte nach kommunaler Pflichtaufgabe oder eben nicht einzustufen. Auch forderte er die Einnahmen der Stadt zu erhöhen und forderte dafür Anstrengungen von Verwaltung und Bürgermeister. Ob damit auch der 2. Bürgermeister gemeint war? Schließlich versprach dieser ja stets mit seinen guten Kontakten und seinem Engagement mehr Gewerbe in Gräfenberg anzusiedeln. An ihrem selbst zugeschriebenen Sachverstand auf dem Gebiet der Gewerbeansiedlung wollte die CSU alle anderen – bedauerlicherweise – bis heute aber nicht teilhaben lassen. Der Tenor der CSU war also, ebenso wie der des Bürgermeisters, vor allem die Pflichtaufgaben anzugehen und nur was man sich ohne Neuverschuldung erlauben könne anzupacken.
In der Rede der FW beklagte Werner Wolf die Kostensteigerungen bei den Großprojekten und die dadurch höheren Kosten für die Gemeinde, vor allem beim Nahwärmenetz und dem Hallenbad. So lägen die Förderquoten beim Nahwärmenetz nur noch bei 26% und beim Hallenbad bei 44%. Wolf verschwieg aber die Möglichkeit das Hallenbad zusätzlich den Bundesmitteln zu fördern. Genutzt werden könnten dafür Mittel aus dem kommunalen Hochbauprogramm des Freistaats Bayern, die mit der Bundesförderung kombinierbar wären. Außerdem merkte Wolf an, dass mit dem zusätzlichen Kindergarten und dem Freibad ja noch weitere Großprojekte anstehen. Abschließend trat er noch einmal genüsslich die Kostensteigerungen beim Abwasserverband Oberes Schwabachtal und die vergessene Gebührenberechnung breit. Dass das ausgerechnet aus dem Munde des langjährigen Bürgermeisters kam, flog ihm dann sogleich um die Ohren.
Investieren für ein attraktives Gräfenberg mit attraktiven Ortsteilen
Denn nun war endlich die Opposition an der Reihe und damit ging das Wort an Heiko Kracker von der GBL. Selbiger war doch etwas erstaunt von Werner Wolfs Worten und erinnerte an eine Begebenheit aus dem Jahr 2010. Damals wurden die Wassergebühren massiv erhöht. Nachdem bereits eine Weile vorher bekannt geworden war, dass Gräfenberg jahrelang die Wassergebühren zu niedrig berechnet hatte und dies trotz Erinnerungen durch den Stadtrat nicht angegangen wurde, war am Ende ein Schaden für die Stadt Gräfenberg von über 500.000€ aufgelaufen. Der damalige Bürgermeister hieß bekanntlich Werner Wolf. Nach dieser kleinen Auffrischung von Wolfs Gedächtnis kam Heiko Kracker zu seiner vorbereiteten Rede.
Auch er betonte die Abkühlung der Wirtschaft und weil die großen Geldgeber ihre Mittel für Corona aufwendeten, seien die fetten Jahre bei den Fördergeldern vorbei. Chancen die durch die bereits bestehenden Bescheide vorhanden seien, würden also so schnell nicht wiederkommen. Daher warb Kracker dafür die genehmigten Förderräume für die drei „Leuchtturmprojekte“ zu nutzen. Zum einen müsse nach der erfolgreichen Notsanierung (Kosten 200.000€) das Bad endlich langfristig gesichert werden. Jede Fraktion hätte Wahlkampf mit Freibaderhalt und Tourismusförderung gemacht, gerade viele auswärtige Urlauber nutzten das Freibad. Eine Erfahrung, die wir an dieser Stelle aus diesem Sommer bestätigen können, so war sogar am allerletzten Tag eine ganze Schulklasse aus Südbayern in unserem Bad. Auch betonte Kracker, dass Kreistag und Bürgermeister endlich Zuschüsse für das Hallenbad einfordern müssten, schließlich profitieren auch andere Landkreisgemeinden – wegen des Schulschwimmens – und brachte eine Betriebsgesellschaft für das Hallenbad ins Gespräch. Das Nahwärmenetz lobte er als wichtige Infrastrukturmaßnahme, schließlich habe man 10 Jahre nach einer Möglichkeit gesucht das denkmalgeschützte Verwaltungsgebäude zu beheizen und das Nahwärmenetz trage dazu bei Heizkosten der Verwaltung zu senken. Die anliegenden Gebäude am Marktplatz mit sauberer Wärmeenergie zu beheizen, gleichzeitig Glasfaserkabel zu verlegen und den Marktplatz umzugestalten steigere die Attraktivität der Lage erheblich und böte die Möglichkeit den großen Leerstand zu beseitigen. Letzteres machte er auch für die Dorferneuerung Walkersbrunn geltend. Die Maßnahmen nicht umzusetzen käme einem Schaden für die Stadt gleich.
Matthias Striebich hob für die Grünen hervor, dass die Gewerbesteuereinnahmen überwiegend von kleinen bis mittelständischen Betrieben und damit von den Bürgern selbst stammen. In deren Sinne wäre es auch die Attraktivität und Lebensqualität der Stadt zu steigern. Besonders auf die Sanierung des VG-Gebäudes ging er ein, durch die hohe Förderung würde ein echtes Schmuckstück im Zentrum entstehen. Ähnlich wie Heiko Kracker sah er das Nahwärmenetz als einzig sinnvolle Lösung, vor allem für die städtischen Liegenschaften. Zur Steigerung der Lebensqualität sah Matthias Striebich das Freibad und das Hallenbad als elementar an. Er betonte, dass er sich für letzteres auch im Kreistag einsetzte. Parallel zu Kracker sah auch Matthias Striebich die Chancen mit den Zuschüssen für das Freibad – wegen denen bekanntlich alle jubiliert hätten – als einmalig an. Er beschloss seine Rede mit einem Verweis auf die Amtsführung von Kunzmanns Vorgängern „es macht einen Unterschied ob Schulden entstehen, weil Hausaufgaben nicht gemacht wurden“ oder „weil die Hausaufgaben gemacht wurden“. Außerdem erforderte eine Krise von einem Kapitän mutiges Handeln, Zukunftsprojekte entschieden zu vertreten und zu sagen „ja wir schaffen das“.
Zum sozusagen krönenden Abschluss durfte nun Elisabeth Meinhardt für die SPD in den Ring steigen. Auch Elisabeth hob die Wichtigkeit der drei Leuchtturmprojekte hervor. Sie merkte die bereits unternommenen Anstrengungen zum Erhalt des Hallenbades an, viele umliegende Gemeinden haben ohnehin keine andere Möglichkeit für das Schulschwimmen und uns Zusagen erteilt ein neues Bad auch für 25 Jahre zu nutzen. Viele wichtige Schritte um die Auslastung und Wirtschaftlichkeit abzusichern sind also bereits getan und ein neues Hallenbad spart uns erheblich Heizkosten. Allerdings musste sie feststellen, dass sich Kunzmann lange Zeit ließ um sich beim Landrat um weitere Förderungen zu kümmern. Nicht zuletzt die CSU hatte Hans-Jürgen Nekollas angebliches „mangelndes Engagement“ bei der Umsetzung von Projekten immer wieder kritisiert. Daher konnte sich Elisabeth Meinhardt eine kleine Erinnerung nicht verkneifen, die neue Stadtspitze aus Kunzmann und Derbfuß werde den eigenen Maßstäben nicht gerecht und verschleppe bereits jetzt Projekte. Auch Elisabeth betonte, dass Frei- und Hallenbad – wie der Bahnanschluss – ein erheblicher Standortvorteil bei der Gewinnung von Neubürgern seien. Am Vorabend des globalen Klimastreiks betonte sie auch die Rolle des Nahwärmenetzes bei der CO2-Reduktion und der Erfüllung unseres Auftrages zum Klimaschutz. Trotzdem hätten von ehemals 100 Interessenten erst 40 zugesagt, auch hier gehe wieder zu wenig voran, trotzdem Drängen des Stadtrates. Hier zeigte sie einen klaren Kontrast zu Vorgänger Nekolla und seinen zahlreichen umgesetzten Projekten auf. Würde Kunzmann so weitermachen drohe Gräfenberg ein neuer „Dornröschenschlaf“, weil Dinge nicht angepackt und umgesetzt würden. Insbesondere verlangte sie Mut und Zuversicht bei der Umsetzung von Projekten und wies darauf hin, dass der Bund für die Einnahmeausfälle der Kommunen aufkommen wolle.
Da jedoch sowohl Frei- und Hallenbad im Haushalt enthalten waren, konnten wir uns dem einstimmigen Votum für Haushalt und Investitionsplan anschließen.
Sachstand Freibad
Auf Antrag von Matthias Striebich gab Kunzmann noch einen kurzen Abriss zum Freibad. Selbiges befindet sich im Investitionsplan und soll 2022 und 2023 saniert werden, dies muss bis 2024 geschehen sein, sonst sind die Fördermittel futsch. Nach der – maßgeblich von Anette Kramme – erwirkten Fördermittelzusage aus dem März, wird derzeit die Verteilung der Fördermittel auf die einzelnen Bäder verhandelt. Dabei sind sich die Bürgermeister von Wiesenttal, Egloffstein und Gräfenberg einig, die Geldzusage solidarisch aufzuteilen. Somit erhält Gräfenberg etwa 1.267.000 € für die Sanierung des Bades. Nach einer Kostenschätzung von 2018 betragen die Kosten der Freibadsanierung in Gräfenberg 1.768.000 €. Weitere Förderungen aus Landesmitteln sind nicht möglich, denn diese schließt das Bundesprogramm aus. Das nächste Treffen mit dem Projektträger wird am 6.10 stattfinden. Laut Sachstandsbericht wäre die Gründung eines Arbeitskreises Freibad zum jetzigen Zeitpunkt eher hinderlich, laut Kunzmann würden noch einige Schritte erforderlich sein, bis ein solcher Arbeitskreis Sinn ergeben würde. Derzeit wären wir bei Schritt 2 von 20, sinnvoll wäre ein Arbeitskreis erst ab Schritt 10. Dennoch merkte Matthias Striebich an, dass die Beteiligten in anderen Kommunen besser informiert wären als in Gräfenberg und diese auch besser vorankämen. Auch Heiko Kracker wünschte sich mehr Informationen zu den Fortschritten bei der Freibadsanierung.