Nikolaus treibt Mitberatungsrecht aus

Nikolaus Gräfenberg Rathaus

Am Donnerstag war Stadtratssitzung. War diese Woche noch etwas? Ach ja, Bürgerversammlung am Nikolaustag. Wie es gelaufen ist? Anwesend waren ca. 30 Bürger vorwiegend aus den Ortsteilen Gräfenberg und Thuisbrunn / Hohenschwärz. Die Stadträte Christoph Kasch, Matthias Striebich, Martin Leipert, Elisabeth Meinhardt, Konrad Hofmann und Werner Wolf. Letzterer saß vorne links, in kürzest möglicher Distanz zu den drei Bürgermeistern. Im Laufe des Abends sprang Wolf diesen dann mehrfach zur Seite. Während sich Bürgermeister Kunzmann allzu oft um klare Antworten herumdrückte.

Eine für alle: Außenorte haben das Nachsehen

Schon als Kunzmann die Präsentation beginnen wollte, gab es Widerspruch eines Bürgers aus dem Ortsteil Thuisbrunn. Warum denn nur eine Bürgerversammlung stattfände und keine in den Außenorten? Kunzmann antwortete: Mit ihm wehe nun ein neuer Wind. Zukünftig werde es Bürgerinformationen (was das heißen soll, dabei blieb er vage) in den Außenorten geben und nur eine zentrale Bürgerversammlung. Dabei wurde einst in den Eingemeindungsverträgen der Außenorte festgehalten, dass in jeder ehemals selbstständigen Gemeinde eine Bürgerversammlung pro Jahr abzuhalten ist. Wem das nicht reicht, die bayerische Gemeindeordnung hält es in Artikel 18 eindeutig fest: „In größeren Gemeinden sollen Bürgerversammlungen auf Teile des Gemeindegebiets beschränkt werden.“ Kaum zu glauben, dass der Verwaltungsfachmann Kunzmann die Bayerische Gemeindeordnung nicht kennt. Die Bürgerversammlungen sind dort als Mitberatungsrecht der Bürger eindeutig festgeschrieben. Deren Empfehlungen müssen, im Gegensatz zu denen von Bürgerinformationsveranstaltungen, auch „innerhalb einer Frist von drei Monaten vom Gemeinderat behandelt werden“. Durch eine zentrale Bürgerversammlung würde dieses Mitberatungsrecht deutlich eingeschränkt. Bei Bürgerinfoveranstaltungen ist nicht einmal festgelegt, dass Bürger dort zu Wort kommen dürfen, denn eine Gesetzesgrundlage für „Bürgerinformationsveranstaltungen“ gibt es nicht.

Eingemeindungsvertrag Lilling
Eindeutig im Eingemeindungsvertrag der Gemeinde Lilling festgehalten: eine Bürgerversammlung pro Jahr in Lilling oder Sollenberg. (Quelle: Sollenberger Ortschronik von Reinhard Müller und Nikolaus Pöhlmann, der Eingemeindungsvertrag ist im Anhang enthalten)

Kunzmanns Bilanz und der ewige Müll

Nun ging es weiter mit der Statistik. Gräfenbergs Einwohnerzahl ist durch die Neubaugebiete gewachsen. Die Schulden von Stadt und Kommunalunternehmen gehen beginnend mit dem Jahr 2021 steil nach oben. Kunzmann lamentierte die Betriebskosten des Freibades und die um 300.000 € Baukosten teurere Freibadvariante (mit einem Drittel mehr Wasserfläche, aber mit identischen Betriebskosten wie seine Präferenz, die kleinere Variante). Nach der Statistik begann Kunzmann „seine“ Erfolge zu verkaufen: der Trimm-Dich-Pfad, die „Erneuerung des VG Umfeldes“ (der Zaun zum Anwesen Dotzauer wurde nach Abschluss der VG-Baustelle vertragsgemäß wiederhergestellt), die abgeschlossene Sanierung der Guttenburger Straße mit dem verbreiterten Gehsteig und der Defibrillator in der Raiffeisenbank, den die Raiffeisenbank auch bezahlt hat. Auch die Vorstellung der Sollenberger Ortschronik und die wieder stattfindende Kirchweih wurden breit erwähnt. Jeweils illustriert mit einem Pressefoto oder einem Selfie des Bürgermeisters.

Ausführlich ging Kunzmann auf die Müllsituation ein und führte wiederholt aus, dass Hausmüll an den Mülleimern am Marktplatz abgelagert werde und diese deshalb so voll sein. Dem wurde anschließend im Frageteil widersprochen: Dort fänden sich überwiegend Coffee-To-Go-Becher, Pizzakartons und Fleischspießverpackungen. Der Abbau von Mülleimern sei in einem Wandergebiet wie dem Lillachtal sinnvoll, wo ein umweltbewusstes Publikum unterwegs sei, das seinen Müll wieder mitnehme. In der Stadt dagegen unsinnig, dort wird der Müll dann neben den Weg geworfen, oder in den Briefkasten der Anwohner, wie es aus der Kasberger Straße berichtet wurde.

Die Fragen der Bürger

Dieser Frageteil begann nach einer Stunde und dauerte dann volle zwei Stunden. Oft, weil Kunzmann Fragen nicht beantwortete, sondern mehrfach versuchte auszuweichen und dabei mehrfach dieselbe ausweichende Antwort wiederholte, wenn sich Bürger nicht damit abspeisen lassen wollten. Aus Thuisbrunn kamen Nachfragen zur neuen Bestattungsordnung und der Graberstellung. Hierbei verwies Kunzmann darauf, dass der Stadtrat ja alle Optionen auf dem Tisch gehabt hatte und so entschieden hatte. Dass er selbst vehement für die beschlossene Lösung geworben hatte verschwieg er geflissentlich. Auch über die Erhöhung des Wasserpreises beschwerten sich die anwesenden Bürger aus Thuisbrunn. Kunzmann verwies auf die Kalkulation die eben nun einmal diese Preise ergab. Eine verständliche Erklärung lieferte erst der zweite Bürgermeister Derbfuß: am (maroden) Thuisbrunner Leitungsnetz wurden in den letzten Jahren schlicht Reparaturen und Arbeiten durchgeführt, die eingepreist werden mussten, auch die Preise für Fremdwasserbezug sind gestiegen. Werner Wolf erklärte dann verständlich, dass Gräfenberg und Thuisbrunn zwei verschiedene Satzungsbereiche sind und somit auch nicht gemeinsam veranlagt werden können.

Beim Thema Hallenbad kam es zu einem längeren Schlagabtausch zwischen einem Bürger und dem Bürgermeister. Die Finanzierung des Projektes und die Pläne waren 2020 von Hans-Jürgen Nekollas bereits mit dem Landrat mündlich besprochen. Ebenso lagen fertige Planungen vor. Warum komme das Projekt nicht vom Fleck? Kunzmann versuchte die Schuld an den Verzögerungen auf die Baustellenplanung des Landkreises, nicht geklärte Fragen beim Grundstückspreis und die Baukostenentwicklung abzuschieben. Der (offenbar gut informierte) Bürger ließ ihm das aber nicht durchgehen. Ansonsten versuchte der Bürgermeister immer wieder sich aus der Verantwortung zu ziehen: Ein Anwohner beschwerte sich, dass der neue Gehsteig in der Guttenburger Straße sich im unteren Bereich wieder verengte, so dass die zusätzliche Breite im oberen Teil – zumindest effektiv – wenig Gewinn für die Barrierefreiheit gebracht hätte. Außerdem sei an der Verengung kein abgesenkter Bordstein vorhanden. Warum die Stadt das so abgenommen hatte. Kunzmann verwies darauf, dass es sich um Maßnahme des Landkreises handelte und die Stadt rein gar nichts damit zu tun hatte. Abgenommen hat das Bauwerk, so Kunzmann, sein Mitarbeiter, er sei gar nicht dabei gewesen. Auch sonst wollte er mit der Maßnahme, die er eine Stunde vorher noch groß verkauft hatte, auf einmal nichts mehr zu tun haben.

Nach zwei Stunden war der Frageteil beendet. Die Wortmeldungen zeigten, wie unsinnig eine zentrale Bürgerversammlung ist. Nicht nur dass sehr spezifische Themen für einzelne Ortsteile behandelt wurden. Nein, auch nach zwei Stunden waren, das zeigten die Wortmeldungen, sicher nicht alle Fragen geklärt.

PS: Auch die Grünen haben einen Bericht auf ihrer Homepage veröffentlicht.

Ein Gedanke zu „Nikolaus treibt Mitberatungsrecht aus

  1. Baumaßnahme Guttenburger Str.: Laut Bgm. Kunzmann war es eine Maßnahme des Landkreises und die Stadt habe damit nichts zu tun. Er sei bei der Abnahme nicht dabei gewesen. Wieso ist er dann auf dem Pressefoto (NN vom 10.12.2022)?

Schreibe einen Kommentar zu Hans Oskar Kawelke Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert