Weil die Stadtratssitzung Anfang April bis halb 1 Uhr in der Nacht gedauert hatte, und dementsprechend keine Zeit für eine ordentliche Haushaltsberatung geblieben war, wollte Bürgermeister Kunzmann diese Haushaltsberatung nun (nicht-öffentlich) in einer informellen Besprechung durchführen. Auf den Protest einiger Stadträte hin, die Öffentlichkeit hat schließlich das Recht an dieser Debatte teilzuhaben, wandelte die Verwaltung diese eiligst in eine Stadtratssitzung um.
So wurde dann der Haushalt in einer fast zweistündigen Debatte beraten. Zahlreiche Investitionen werden aufgeschoben. Ansonsten, so prognostizierte es Kämmerer Steinlein, wäre man 2026 bei 9 Mio. € Schulden (die ehemals 2 Mio. € Rücklage ist aufgebraucht). Durch die gestiegenen Personalkosten, die wegen des TvÖD-Abschlusses weiter steigen werden, und gestiegene Energiekosten wird der finanzielle Spielraum der Stadt entsprechend kleiner. Da bereits mehrere große Projekte laufen, wurden vor allem Investitionen in die Zukunft verschoben:
- Neubau Kindergarten: Man möchte die Entwicklung der Kinderzahlen in der 2. Interimslösung abwarten und den neuen Kindergarten dann ab 2025 planen und bauen. Interims- und endgültige Lösung nun durch die Stadt betrieben werden. Der Bau soll, um den städtischen Haushalt zu entlasten, ins Kommunalunternehmen ausgelagert werden.
- Barrierefreiheit Marktplatz: Da die Kombination mit dem Nahwärmenetz – angeblich – schwierig ist, wurde diese Maßnahme auf unbestimmte Zeit verschoben.
- Dorferneuerung Kasberg: Wurde vorerst deutlich abgespeckt, der Anbau und Umbau des Feuerwehrhauses kommt. Weitere Maßnahmen wie Pflasterungen jedoch erstmal nicht.
- Dorferneuerung Walkersbrunn: Da die Maßnahme von der Umgehungsstraße abhängt, werden weitere Maßnahmen (der Neubau des alten Feuerwehrstadels ist beschlossene Sache) erstmal vertagt.
- Straßen: Bis 2027 werden nur notwendige Reparaturen durchgeführt.
- Feuerwehr: Auch die Anschaffung des ein oder anderen Fahrzeuges wird wohl geschoben. Jakob Schuberth merkte an, dass die Beschaffung derzeit – aufgrund der langen Lieferzeiten – über zwei Jahre brauche und damit erst später in den Haushalt eingestellt werden müsse.
Der Kreditbedarf liegt damit bis 2026 bei 4,7 Mio. € Schulden. Einen Hoffnungsschimmer am Horizont gibt es jedoch: durch die Grundsteuerreform werden ab 2025 steigende Einnahmen erwartet.
Monatlich grüßt das Gejammer über die „teurere Freibadvariante“
Der Verlauf der Debatte des einzigen Tagesordnungspunktes? Eigentlich alles wie immer. Wenn es ums Geld geht, grüßt das Murmeltier, hier die sogenannte „teure Freibadvariante“. Diese wurde ausgiebig aus den Reihen von FW und CSU lamentiert. Freilich, langfristig fällt der Unterschied von 160.000 €, verglichen mit den Betriebs- und Personalkosten (!), nicht großartig ins Gewicht. Betriebswirtschaftlich kann sich die Investition zusätzliche Wasserfläche (30 % mehr Beckenfläche) und das extra Bereich für Jugendliche auch langfristig lohnen. Der zusätzliche Bereich für Jugendliche, der vor allem verhindern soll, dass es zu Konflikten mit Schwimmern kommt, kann sich durch potentiell höhere Besucherzahlen langfristig bei den Einnahmen bemerkbar machen. Durchaus so, dass er die Investitionskosten wieder reinholt, macht der Unterschied gerechnet auf 40 Jahre gerade einmal 4000 € jährlich aus. Dennoch lamentierte Hans Derbfuß das „aufgeblähte Freibad“.
Matthias Striebich versuchte dem den Wind aus den Segeln zu nehmen und verwies auf die Kosten durch die Neuplanung (inklusive erneuter Planungskosten) und Baukostensteigerung durch die Verzögerung des Hallenbades um zwei Jahre. Auch die günstigen Zinsen von 2020 sind bekanntlich Geschichte. Bürgermeister Kunzmann begründete die Neuplanung dann mit Fehlern der Planungsfirma und einer – angeblich – falsch berechneten Förderung. Außerdem hätte er ja „1 Mio. € Förderung nach Gräfenberg geholt“. Gut, dieser Zuschuss war bereits von seinem Vorgänger Hans-Jürgen Nekolla mit Landrat Ulm abgesprochen, der beim Ortstermin der Kreisräte im Schulzentrum auch ein flammendes Plädoyer für das Projekt hielt. Was die Planungsfirma betrifft: An den Referenzen von K-Plan kann man sehen, dass dieses Planungsbüro Hallenbäder bauen kann. Woran die Verzögerung dann lag? Nun, auch aus dem Landratsamt war schon zu vernehmen: wenn die Stadt Gräfenberg nicht derartig gezaudert hätte, könnten die Leute bereits im neuen Hallenbad schwimmen.