Falls sich jemand wundert warum in Gräfenberg bereits Plakate der CSU und der Freien Wähler hängen, nicht aber Plakate anderer Gruppierungen, hier ist die Antwort. Die Sondernutzungssatzung der Stadt Gräfenberg schreibt vor, wie Plakatierungen gehandhabt werden:
Erlaubnis
(4) Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht kein Rechtsanspruch; sie ist nicht übertragbar. Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn der mit der Sondernutzung verfolgte Zweck ebensogut durch Inanspruchnahme privater Grundstücke oder an anderer Stelle erfolgen kann und dadurch der Gemeingebrauch weniger beeinträchtigt wird.(6) Keiner Erlaubnis bedürfen Sondernutzungen zur Wahl oder Stimmenmehrung politscher Parteien oder Wählergemeinschaften im Zeitraum von 4 Wochen vor allgemeinen Wahlen, Volksentscheiden oder während der Eintragungsfrist für Volksbegehren, Bürgerbegehren oder Bürgerentscheide.
Erlaubnissfreies Plakatieren ist also 4 Wochen vor der Wahl für alle Gruppen möglich. Bisher forderte Bürgermeister Kunzmann ein, dass auch wirklich alle erst vier Wochen vor der Wahl Plakate aufhängen. Doch nun die Wende: die Freien Wähler und die CSU haben eine Erlaubnis "mit Unterschrift des Bürgermeisters", wie der zuständige Mitarbeiter auf der Verwaltung betonte. Also von der Gemeinde genehmigt und damit ist alles in Butter?
Mitnichten: just so eine Erlaubnis hatte ein gewisser Matthias Striebich, seines Zeichens Vorsitzender des Grünen Ortsverbandes, 2021 zur Bundestagswahl ebenfalls beantragt. Sie ist ihm verweigert worden, damals begründet mit: die 4 Wochen gelten ausnahmslos für alle, reichen vollkommen und es gibt keine Extrawürste. Wenn das so wäre, wäre das auch fair und gerecht.
Wie wir jetzt zur Landtagswahl gelernt haben, sind im "neugestarteten" Gräfenberg aber manche eben gleicher als andere. Andere Gruppierungen wurden nämlich nicht darüber informiert, dass CSU und FW vor allen anderen dürfen, und waren davon ziemlich überrascht (sowohl Grüne als auch SPD). Blöd für diejenigen, die sich mit Hilfe des Bürgermeisters aus den eigenen Reihen und der Stadtverwaltung einen Vorteil verschafft haben: Dieses Agieren verstößt warscheinlich gegen die vorgeschriebene Gleichbehandlung aus dem Parteiengesetz und wäre damit auch juristisch anfechtbar.
Der Posse zweite Runde...
... zwar hat die SPD mit Wirkung zum 5. September ebenfalls einen Bescheid und eine Erlaubnis bekommen, dass plakatiert werden kann. Aber dafür sollen wir für die Sondernutzung nun 120 € zahlen. Also für jedes Plakat den Höchstsatz (35 €/ Jahr) bis zum Wahlabend, zuzüglich 20 € Verwaltungsgebühr. Eine bayerische Verwaltungsvorschrift regelt ganz klar, dass Plakatierung via Sondernutzung anlässlich von Wahlen nichts kosten darf:
2. Werbung mit Plakaten
Werbung auf öffentlichen Straßen aus Anlass von allgemeinen Wahlen, Volksbegehren, Volksentscheiden, Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern
vom 13. Februar 2013, Az. IC2-2116.1-0
2.2.4
Bei Erlass solcher Satzungen wie auch bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen nach Straßenrecht oder Ausnahmegenehmigungen nach Straßenverkehrsrecht ist zu beachten:
[...] Verwaltungs- oder Sondernutzungsgebühren werden nicht erhoben.
Auf diese Verwaltungsvorschrift hat die Stadtverwaltung bzw. der Bürgermeister auch gegenüber Matthias Striebich verwiesen, als über die Plakatierung vor der Bundestagswahl diskutiert wurde. Die Verwaltungsvorschrift wird im Vorfeld allgemeiner Wahlen auch regelmäßig von der Verwaltung an die Parteien verteilt, da sie auch regelt, dass:
- Nicht außerorts, also zum Beispiel an der Einmündung des Gewerbegebietes am Schönefeld in die Staatsstraße, plakatiert werden darf.
- So, dass eine Gefährdung des Verkehrs auszuschließen ist. Es ist laut Vorschrift unzulässig an Schildern die die Geschwindigkeit begrenzen oder Vorfahrtsschildern zu plakatieren. Plakatierungen an Ortsschildern sind absolut tabu…
Wieso man diese Vorschrift, die der Stadtverwaltung bestens bekannt ist, bei Erlass von Gebührenbescheiden nicht beachtet, ist also vollkommen unerklärlich. Bedauerlicher Weise kann man sich in Gräfenberg derzeit wohl nicht darauf verlassen, dass Regeln für alle gleichermaßen gelten.